Interview mit Kaipara Gründer Frank Selter

Merinowolle made in Germany – Ein Interview mit Frank Selter

Merinowolle hat sich in den vergangenen Jahren in den Köpfen (und am Körper) vieler Outdoorer festgesetzt. Seit kurzem tritt mit Kaipara ein neues Label „Made in Germany“ auf dem Markt an. Ich habe die Gelegenheit genutzt und dem Gründer von Kaipara, Frank Selter, einige Frage zu seinen Produkten gestellt.

  1. Du hast Kaipara gegründet, obwohl es unter anderem mit Smartwool oder Icebreaker eine starke und etablierte Konkurrenz am Markt gibt. Worin möchte sich Kaipara von den etablierten Herstellern abheben?

Ja das stimmt, die Anzahl der Mitbewerber ist nicht unerheblich. Daher haben wir 2 ganz markante Herausstellungsmerkmale, auf die wir setzen – Nachhaltigkeit und höchste Qualität. Unser neuseeländischer Stoffproduzent gewährleistet uns bei der Auswahl der Stoffe beides. Nicht umsonst sind diese mit den neuseeländischen Öko-Zertifikaten „MAPP“ und „ZQ-Merino“ ausgestattet, welche nicht nur eine hohe Qualität, sondern auch die Berücksichtigung von einem hohen Maß an Nachhaltigkeit, Tierschutz, Umweltschutz und sozialer Verantwortung in den Produktions- und Weiterverarbeitungsprozessen attestieren. Die Herstellung aller Produkte erfolgt dann ausschließlich in Deutschland, und zwar vom Zuschnitt bis zum fertigen Produkt. Alle Zutaten, wie z. B. Garne und Reißverschlüsse beziehen wir nur von Firmen, die ebenfalls in Deutschland produzieren. Damit das alles auch bezahlbar bleibt, verkaufen wir ohne weiteren Zwischenhandel nur direkt über unseren eigenen Onlineshop und Messen. Zusätzliche Margen, die jedes Teil um mehr als das doppelte verteuern würden, fallen somit weg.

  1. Kaipara produziert ausschließlich aus reiner Merinowolle. Seit Jahren trage ich Funktionsbekleidung aus Kunstfaser – warum sollte ich denn nun zur Merinowolle wechseln?

Merinowolle ist die Funktionsfaser der Natur. Einerseits ist Merinowolle ein nachwachsendes Naturprodukt und ist nicht wie Funktionsbekleidung aus Kunstfaser erdölbasierend hergestellt. Andererseits vereint sie eine große Menge an positiven Trageeigenschaften und Funktionalitäten, wie sie für den Sport- und Outdoor-Bereich notwendig sind. Hierzu nur einige Stichworte:

  • Geruchsneutralität
    kann durch antibakterielle Eigenschaften über Tage hinweg getragen werden
  • Feuchtigkeitstransport und Atmungsaktivität
    Nimmt bis zu 35 % des Eigengewichtes Feuchtigkeit auf, ohne Nass zu werden.
  • Isolationsfähigkeit
    Wärmt bei Kälte und kühlt bei Hitze
  • Tragekomfort
    Kein Kratzen mehr durch superfeine Merinoqualitäten
  • Pflegeleichtigkeit
    Bei 40 °Grad Celsius waschbar in der Waschmaschine
  • Natürlicher UV-Schutz
    Bis zu 40+ UVA/UVB
  • Schwer entflammbar
    Entzündet sich erst bei 560° Celsius und erlischt bei Wegnahme der Flamme
  • Antistatisch und Knitterarm
    keine Belastung durch Elektrosmog
  • Natürlich und Nachhaltig
    nachwachsendes Naturprodukt

Merinowolle trocknet zwar nicht so schnell wie Kunstfaser, aber zum einen wird sie nicht so schnell nass und zum anderen hält sie auch in nassem Zustand immer noch warm und schützt dennoch vor Überhitzung. Darüber hinaus ist die Entscheidung „Pro Wolle“ oder „Pro Kunstfaser“ auch von der Sportart etwas abhängig. Während Merinowolle für Aktivitäten in den Bergen unschlagbar ist, ist sie für ein Fußballspiel eher nicht geeignet, da hier im Zweikampf zu viel an der Bekleidung vom Kontrahenten gezogen und gezerrt wird.

  1. Beim Discounter zahlt man für Kleidung aus Merinowolle wesentlich weniger als bei euch. Warum also mehr zahlen, ist Schaf nicht gleich Schaf und Wolle gleich Wolle?

Jedem dürfte bekannt sein, dass bei Baumwolle durchaus sehr große Qualitätsunterschiede bestehen und sich ein T-Shirt aus dem Discounter durchaus nicht nur im Preis zu einem guten Produkt aus dem Fachhandel unterscheidet. Das ist bei Merinowolle genau das Selbe. Um eine wirklich gute Qualität zu bekommen, fängt dies in der Schafzucht bereits an. Hier spielen z.B. Züchtung, Umwelt und Futter eine große Rolle. Für hochwertige Qualitäten spielen dann nicht nur die Faserstärke, sondern auch die Länge und Kräuselung eine wichtige Rolle. Nach der Schur durchläuft die Merinowolle viele weitere Schritte und es werden die Stellschrauben für die letztliche Qualität gestellt. So verhält es sich dann auch, wenn das Garn zum Stoff verarbeitet wird. Die Herkunft unserer Merinowolle ist Neuseeland. Dort werden seit Generationen Merinoschafe in freilaufenden Herden gezüchtet und das Land bietet klimatisch und umweltseitig beste Voraussetzungen. Das erste, was ich bei der Wahl unseres Lieferanten für die Merinostoffe lernen musste, war, dass es gute Merinowolle niemals billig gibt.

  1. Eignen sich Produkte aus Merinowolle für jede Sportart und jeden Schwitztyp?

Schon bei der Ernährung gibt es keinen einheitlichen Ernährungs- oder Diätenplan, der auf jeden übertragbar wäre und ich will auch nicht mit Merinowolle missionieren gehen. Aber ja, Merinowolle eignet sich für jede Aktivität und Sportart. Am besten kann Merinowolle seine Eigenschaften bei wechselnden Rahmenbedingungen, wie z. B. im Freien zeigen, wenn das Wetter und die Temperaturen ständig neue Bedingungen schaffen. Merinowolle stellt ein natürliches Körperklima her, welches auf die äußeren Rahmenbedingungen sofort reagiert. Auch ist Merinowolle für jeden Schwitztyp geeignet, denn auch bei dem Sportler, der stark schwitzt, wirkt Merinowolle in Abhängigkeit zur Außentemperatur temperaturregulierend und hat die Eigenschaft, sowohl zu kühlen, als auch zu wärmen.

Kaipara Merinowolle

Kaipara Merinowolle

  1. Wie steht es um die Langlebigkeit eurer Merinoprodukte? Kann ich sie z.B. unter einem schweren Rucksack tragen?

Generell sind Stoffe aus Merinowolle sehr langlebig. In Sachen Formbeständigkeit ist sie sogar jeder anderen Faser überlegen. Was Merinowolle nicht so sehr liebt ist die mechanische Reibung. Da kommen dann auch die Löcher und das Peeling her. Unsere Merinostoffe sind zwar sehr Peeling-arm, aber bei dauerhafter übermäßig starker Reibung kann ein Peeling auch hier nicht ganz vermieden werden. Bei schweren Rucksäcken bitte auf die Gurte achten, ob diese scharfe Kanten haben, denn das ist herstellerabhängig sehr unterschiedlich. Desweiteren spielen das Warengewicht des Merinostoffes eine Rolle. Merino T-Shirts in den 150er Qualitäten eignen sich nicht für schwere Rucksäcke. Die 200er Qualitäten sind in jedem Fall robust genug um auch unter schweren Rucksäcken problemlos getragen zu werden.

  1. Einige Hersteller setzen statt reiner Merinowolle ein Mischgewebe ein. Ist das nicht haltbarer, pflegeleichter und kratzt das nicht weniger?

Auf das Thema „Kratzten bei Merinowolle“ will ich gleich zu Beginn eingehen. Man muss unterscheiden, ob es sich um eine Unverträglichkeit gegen Merinowolle bzw. gegen das in der Merinowolle enthaltene Wollfett Lanolin handelt, oder ob die Wolle, also die Faser selbst, kratzt. Wollfasern können erst ab 27 Mikron und darüber kratzen, denn dann sind diese zu dick, um sich beim Hautkontakt umzulegen. Ist diese jedoch feiner, legt sich die Wollfaser um und wir empfinden es nicht als kratzig, sondern als weich. Je hochwertiger die Merinowolle, desto eher ist auszuschließen, dass sich dickere Fasern ungewollt untergemischt haben. Das kann dann auch ein Grund sein, wenn Merino T-Shirts mit einer vom Hersteller angegebenen Garnfeinheit von 18 Mikron dennoch als kratzend empfunden werden. Denn befindet sich eine einzige dicke Faser darunter, wird diese auch kratzen. Der Ansatz eines Woll-Mischgewebes ist für mich nicht überzeugend. Die gesamte Palette an Vorteilen guter Merinowolle will ich nicht durch ein Mischgewebe geschmälert sehen und ich bin nicht der Meinung, dass sich eben nur die Vorteile zweier Garntypen verbinden lassen. Der einzig große Vorteil von Merino Mischgeweben gegenüber Geweben aus reiner Merinowolle ist der niedrigere Herstellungspreis. Selbst Lycra und Elasthan sind nicht nötig, denn eine hochwertige Merinowolle hat eine enorme natürliche Dehnbarkeit und Formbeständigkeit, die keiner künstlichen Unterstützung bedarf.

  1. Euer Produktangebot beschränkt sich bislang (fast) ausschließlich auf kurz- und langärmelige Oberteile. Wie sehen eure diesbezüglichen Pläne für die Zukunft aus?

Wir sind jetzt fast ein Jahr auf dem Markt und noch damit beschäftigt unser Sortiment aufzubauen. Natürlich haben wir zunächst mit T-Shirt in kurz- und langarm in 3 verschiedenen Qualitäten bzw. Grammaturen begonnen. Im Moment arbeiten wir an den langen und kurzen Unterhosen, die wir noch rechtzeitig vor dem Start der Skisaison auf den Markt bringen werden. Parallel entwickeln wir eine Kapuzen-Sweat-Jacke, die auch noch vor Weihnachten erscheinen soll. Generell konzentrieren wir uns auf eine eher klassisch-funktionelle Aussage mit Understatement. Das will heißen, dass wir keine Modelle mit der 25. Ziernaht und der 5. Kontrastfarbe bringen wollen. Wir verzichten ja auch bewusst auf ein Logo mitten auf der Brust, sondern setzen dieses in einer wertigen Stickerei dezent unten an den Bund. Ideen für weitere Modelle haben wir natürlich bereits parat, und werden diese Stück für Stück voranbringen.

  1. Kaipara habe ich noch in keinem Geschäft gesehen. Wo bekomme ich denn eure Sachen her?

Wir verkaufen nur über unseren eigenen Onlineshop und sind auf ausgesuchten Messen vertreten. Im Oktober werden wir z. B. auf der „Die Gustav“ in Dornbirn vertreten sein und im November gehen wir auf die „Alpinmesse“ in Innsbruck. Dass wir nicht in den Geschäften zu kaufen sind, hat den einfachen Grund, dass die zusätzliche Marge für den Einzelhandel die Preise verdoppeln würde. So können wir die besten Merinostoffe kaufen und in Deutschland produzieren.

Besten Dank für das Interview und die Nutzungsrechte für die Bilder!

 

Anschauen könnt ihr euch die Kaipara-Produkte unter: kaipara.de

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